Ein paar Fragen an die realen Landwirte...

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Andreas2341
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Re: Ein paar Fragen an die realen Landwirte...

Post by Andreas2341 »

sabalero wrote: Sat Mar 09, 2019 10:57 pm Wie gerne würde ich euch schöne Artikel verlinken, aber in Deutschland ist die Forschung zu diesem Thema leider komplett für den Popo.
Na, das sehe ich etwas anders. Schaue ich in die einschlägigen Fachblätter und Mitteilungen der LWK, sehe ich fast immer Artikel zu diesem Thema...
sabalero wrote: Sat Mar 09, 2019 10:57 pm machen es alle Landwirte falsch... Ja, klingt komisch, ist aber so. Das Problem der Deutschen Landwirte ist mMn, dass sie viel zu sehr in ihrem Hamsterrad gefangen sind, als das sie mal etwas abseits oder auch nur außerhalb der Muster denken würden. "Das wurde schon immer so gemacht". PUNKT.
Na, auch das nehme ich Dir so nicht ab. Zur Zeit meiner Ausbildung (1979 bis 1982) war das vielleicht noch so. Aber ich denke, die heutigen Landwirte sind deutlich besser ausgebildet und haben auch mehr Weitsicht; blicken auch öfters über den Tellerrand (Ausnahmen gibt es immer).
Aber was die Akzeptanz der Direktsaat angeht: es ist wohl vielmehr das unternehmerische Risiko, vor dem die meisten Betriebe Angst haben. Besonders die ersten Jahre nach einer Umstellungen bergen ein doch deutlich höheres finanzielles Risiko. Viele Betriebe können sich es schlichtweg nicht leisten, eine existenzielle Achterbahnfahrt zu wagen.
Die Berater, Professoren der Unis und die Versuchsgüter der Landwirtschaftskammern tragen mit ihren Aussagen keinerlei finanzielles Risiko. Da fällt einem das Probieren und Dozieren schon leichter. Selbst, wenn die in der Sache Recht haben...
sabalero wrote: Sat Mar 09, 2019 10:57 pm Beispiel: Der Senf
Seit über Zwanzig Jahren zeigt wirklich jede einzelne Studie, jeder Professor trichtert es seinen Studenten ein, und jeder Berater erwähnt es in seinen Vorträgen: Senf ist als Zwischenfrucht nicht geeignet. Ob in der Bindung von Stickstoff im Boden, Bildung organischer Substanz, Erosionsschutz oder Bodenlockerung, der Senf liefert nicht so viel wie andere. Und was machen die Landwirte? Weiter Senf anbauen "Machen ja alle".
Ich weiß nicht, wo Du lebst. Aber ich habe hier oben im Norden Schleswig-Holsteins erst ein einziges Mal ein Feld mit Senf gesehen.
Abgesehen davon ist der Anbau von Zwischenfrüchten hier oben eh kein großes Thema...

LG
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Trax
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Re: Ein paar Fragen an die realen Landwirte...

Post by Trax »

matador wrote: Sun Mar 10, 2019 5:13 am Und wenn dann ein Pflug einen Streifen von, sagen wir 20 x 20 cm, einfach umdreht dürften das auch die meisten der Regenwürmer überleben. Dafür holt der Pflug ausgeruhten Humus nach oben und bringt die bisherige Oberfläche mit den Stoppeln und den Wurzeln nach unten, wo diese Pflanzenreste zu neuem Humus werden können.
Ob sie es überleben oder nocht ist nicht zwangsweise das Problem, aber Bodenlebewesen (sei es Maulwurf, Würmer oder sonnst was) mögen Bodenbewegung einfach nicht und verlassen/meiden solche Gebiete (hat die Studie bei Horsch ja auch gezeigt) was die Bodengesundheit entsprechend einen Abbruch tut. Ein problem der Menschen ist, wir denken nur bis zur nächsten Ernte, nicht was in Jahren/Jahrzehnten ist.

Ohne Pflug braucht das ganze natürlich erstmal etwas, bis sich das ganze einspielt, darum muss man es ja auch über Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte beobachten und studieren/optimieren. Mit diszipliniertem umsetzen einem Teil des erdachten Systems scheint sich da ja aber schon etwas positives abzuspielen, 1,2t/ha mehr Ertrag im Raps nach gerade mal 4 jahren ist heftig, bleibt nur abzuwarten, ob das so bleibt bzw. sich noch mehr steigert und was eine multikulturelle Bewirtschaftung bringt, kann aber eig. nur positiv sein.
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Re: Ein paar Fragen an die realen Landwirte...

Post by Andreas2341 »

Trax wrote: Sun Mar 10, 2019 12:07 pm Ohne Pflug braucht das ganze natürlich erstmal etwas, bis sich das ganze einspielt, darum muss man es ja auch über Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte beobachten und studieren/optimieren.
Genau das ist das Problem in der Landwirtschaft: es dauert alles sehr lange. Ergebnisse sind (zumindest im Ackerbau) immer erst ein Jahr später greifbar...
Trax wrote: Sun Mar 10, 2019 12:07 pm ...1,2t/ha mehr Ertrag im Raps nach gerade mal 4 jahren ist heftig...
Ist denn gesichert, daß der Mehrertrag ausschließlich auf die Direktsaat zurückzuführen ist?
Meiner Meinung nach sind vier Jahre ein viel zu geringer Zeitraum, um hier Rückschlüsse zu ziehen...
Trax wrote: Sun Mar 10, 2019 12:07 pm ...was eine multikulturelle Bewirtschaftung...
Was ist das denn :confusednew: :confusednew:
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Re: Ein paar Fragen an die realen Landwirte...

Post by sabalero »

Andreas2341 wrote: Sun Mar 10, 2019 10:58 am Na, das sehe ich etwas anders. Schaue ich in die einschlägigen Fachblätter und Mitteilungen der LWK, sehe ich fast immer Artikel zu diesem Thema...
Ja, dort bezieht man sich dann auf Versuche, bei denen ein Acker jahrelang konventionell (mit Glück konservierend) bearbeitet wurde, und in einem Jahr soll die Direktsaat dann alles richten. Natürlich nicht.


Na, auch das nehme ich Dir so nicht ab. Zur Zeit meiner Ausbildung (1979 bis 1982) war das vielleicht noch so. Aber ich denke, die heutigen Landwirte sind deutlich besser ausgebildet und haben auch mehr Weitsicht; blicken auch öfters über den Tellerrand (Ausnahmen gibt es immer).
Aber was die Akzeptanz der Direktsaat angeht: es ist wohl vielmehr das unternehmerische Risiko, vor dem die meisten Betriebe Angst haben. Besonders die ersten Jahre nach einer Umstellungen bergen ein doch deutlich höheres finanzielles Risiko. Viele Betriebe können sich es schlichtweg nicht leisten, eine existenzielle Achterbahnfahrt zu wagen.
Die Berater, Professoren der Unis und die Versuchsgüter der Landwirtschaftskammern tragen mit ihren Aussagen keinerlei finanzielles Risiko. Da fällt einem das Probieren und Dozieren schon leichter. Selbst, wenn die in der Sache Recht haben...
Und diese Weitsicht zeigt sich wo? In der Vermaisung der Landschaft durch Biogas? Bei den Nitratproblemen? In der landwirtschaftlichen Gründerszene? Guck mal in die f3, eine Zeitschrift vom Landwirtschaftsverlag (TopAgrar usw), durch kommen fast nur Fachferne vor, die dann in die Landwirtschaft dazustoßen. Weniger als die Hälfte kommt aus der Landwirtschaft.

Das unternehmerische Risiko ist in der Tat da, weil die meisten (Landwirte, Berater, etc.) meinen, dass sie Grubber, Egge und Drille austauschen durch die Direktsähmaschine. An Düngung, PSM - Strategie und Fruchtfolge wird nix geändert... So wirds auch nix.
Ich weiß nicht, wo Du lebst. Aber ich habe hier oben im Norden Schleswig-Holsteins erst ein einziges Mal ein Feld mit Senf gesehen.
Abgesehen davon ist der Anbau von Zwischenfrüchten hier oben eh kein großes Thema...
Als ich die Aussage gelesen habe, wollte ich erst gar nicht mehr antworten; weißt du was Senf ist? oder fährst du mit geschlossenen Augen durch die Welt?
Ein kurze Blick in die Landesstatistiken zeigt, dass ein großer Anteil der Greeningmaßnahmen durch Zwischenfrüchte erbracht wird und, dass die häufigste auch in SH der Senf ist. Einfach mal googeln!
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Re: Ein paar Fragen an die realen Landwirte...

Post by Trax »

Was Horsch da in Tschechien macht ist keine Direktsaat, sondern Mulchsaat im CTF System. Der Mehrertrag führt man darauf zurück, dass man eben durch CTF die Flächen nichtmehr stendig zusammenwalzt und die Pflanzen somit besser wachsen können.

Was multikulturelle Bewirtschaftung ist? Sagen die beiden Worte doch schon aus, es wachsen mehrere verschiedene Kulturen gleichzietig auf einem Feld.
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Re: Ein paar Fragen an die realen Landwirte...

Post by sabalero »

Andreas2341 wrote: Sun Mar 10, 2019 12:45 pm
Trax wrote: Sun Mar 10, 2019 12:07 pm ...was eine multikulturelle Bewirtschaftung...
Was ist das denn :confusednew: :confusednew:
und damit bin ich raus. Auf diesem Niveau so ist keine Diskussion möglich.
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Re: Ein paar Fragen an die realen Landwirte...

Post by Andreas2341 »

sabalero wrote: Sun Mar 10, 2019 1:11 pm Ja, dort bezieht man sich dann auf Versuche, bei denen ein Acker jahrelang konventionell (mit Glück konservierend) bearbeitet wurde, und in einem Jahr soll die Direktsaat dann alles richten. Natürlich nicht.
Ich habe auch nicht behauptet, daß alles richtig ist, was man dort liest. Zum Ausdruck bringen wollte ich lediglich, daß man sich mit dem Thema sehr wohl beschäftigt...
sabalero wrote: Sun Mar 10, 2019 1:11 pm Und diese Weitsicht zeigt sich wo? In der Vermaisung der Landschaft durch Biogas? Bei den Nitratproblemen? In der landwirtschaftlichen Gründerszene? Guck mal in die f3, eine Zeitschrift vom Landwirtschaftsverlag (TopAgrar usw), durch kommen fast nur Fachferne vor, die dann in die Landwirtschaft dazustoßen. Weniger als die Hälfte kommt aus der Landwirtschaft.
Willst Du den Landwirten jetzt vorwerfen, daß sie die politisch gewollte Energiewende konsequent umsetzen? Wenn eine Regierung diese Art der Energiegewinnung massiv mit finanziellen Mitteln fördert, muß man sich doch nicht wundern.
Was die Nitratprobleme angeht: von den Berufskollegen, die ich kenne diskutiert die niemand weg. Aber es ist auch niemand da, der für dieses Problem eine adäquate Lösung zur Hand hat (außer komplett auf die Düngung in Form von Handelsdünger und Gülle zu verzichten).
Was die "Fachfernen" in der Agrarpresse angeht: wer solls denn sonst machen? Die Landwirte? Die haben für sowas keine Zeit.
Selbst die Landwirtschaftsminister des Bundes und der Länder sind oftmals (oder fast immer) nicht aus der Landwirtschaft. Interessiert auch niemanden...
sabalero wrote: Sun Mar 10, 2019 1:11 pm Als ich die Aussage gelesen habe, wollte ich erst gar nicht mehr antworten; weißt du was Senf ist? oder fährst du mit geschlossenen Augen durch die Welt?
Ein kurze Blick in die Landesstatistiken zeigt, dass ein großer Anteil der Greeningmaßnahmen durch Zwischenfrüchte erbracht wird und, dass die häufigste auch in SH der Senf ist. Einfach mal googeln!
Das stelle ich gar nicht in Frage. Aber ich rede vom Norden Schleswig-Holsteins, konkret vom Nordosten. Komm doch her und schaus Dir an. Du wirst hier in meiner Gegend kaum Senf finden. Statistik hin oder her...

Abgesehen davon bin ich ja durchaus auf Deiner Seite. Ob die Direktsaat das Allheilmittel ist weiß ich nicht. Ich denke, daß Thema Landwirtschaft (bzw. Landbewirtschaftung) ist vielschichtiger und nicht von heute auf morgen zu lösen. Die Direktsaat ist da nur ein Teil...

LG
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Re: Ein paar Fragen an die realen Landwirte...

Post by Andreas2341 »

Trax wrote: Sun Mar 10, 2019 1:15 pm Was multikulturelle Bewirtschaftung ist? Sagen die beiden Worte doch schon aus, es wachsen mehrere verschiedene Kulturen gleichzietig auf einem Feld.
Das kenne ich nur unter dem Begriff Mischkultur.
Naja, wieder was dazugelernt...
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Re: Ein paar Fragen an die realen Landwirte...

Post by sabalero »

matador wrote: Sun Mar 10, 2019 5:13 am Guten Morgen zusammen!

Ja - wie schon befürchtet - es gibt verschiedene Meinungen dazu. Als Nicht-Landwirt kann ich natürlich nicht mehr mitreden. Mein "gesunder Menschenverstand" meint allerdings: Die Bodenlebewesen sind doch alle sehr klein, die Regenwürmer, auf die es Michael Horsch in seinem Vortrag angekommen ist, dürften davon mit Abstand die größten sein. Und wenn dann ein Pflug einen Streifen von, sagen wir 20 x 20 cm, einfach umdreht dürften das auch die meisten der Regenwürmer überleben. Dafür holt der Pflug ausgeruhten Humus nach oben und bringt die bisherige Oberfläche mit den Stoppeln und den Wurzeln nach unten, wo diese Pflanzenreste zu neuem Humus werden können.
Hallöchen!
Bleiben wir doch einfach mal beim "gesunden Menschenverstand".

Landwirte produzieren in der Umwelt und am besten MIT der Umwelt!
Was für Systeme kennst du aus der Umwelt?
läuft da irgendwo ein Pflugtier herum und dreht die Erde, bevor eine Eichel vom Baum fällt und ein neuer Baum entsteht? Nein.

Davon ab geht es im Boden nicht nur um Regenwürmer, sondern vor allem um Pilze.
Pilze brauchen einen ruhigen Boden, dann können Sie auch ihre Arbeit vermehren. => Direktsaat

In den oberen 30 Zentimetern eines Grünlandbodens findet man pro Hektar ca. 25 Tonnen Organismen (Lebendgewicht). Davon
entfallen ca. 10 Tonnen auf Pilze.
(QUELLE: Max-Planck-Institut).

Ein wichtiger Teil der Direktsaat sind Untersaaten und Zwischenfrüchte.

Hier frage vielleicht auch einfach mal deinen gesunden Menschenverstand:

Wo sieht man blanken Boden? Wüsten und bearbeitete Äcker! Selbst wenn im Wald nichts zwischen den Bäumen wächst, ist der Boden immer mit Blättern etc. bedeckt.

Außerdem:
Wenn Pflanzen grün (Chlorophyll) sind, betreiben sie Photosynthese. Dazu brauchen Sie Sonnenlicht.

Und wann hat man am meisten Sonnenlicht? Dazu kann man ja einfach mal die Ertragserwartungen einer Photovoltaikanlage anschauen (denn das ist eine Pflanze im wesentlichen).
Die wichtigsten Monate sind Mai bis August.*
Aber was ist in dieser Zeit los auf den Feldern? Der Mai ist ja noch ganz gut, aber im Juni werden dann die ersten Getreidesorten schon Gelb, im Juli sind es dann fast alle und im August liegen die Felder blank da.

Die logische Konsequenz sind Zwischenfrüchte bereits direkt nach der Aussaat, die unglaublichen Mengen an Energie, die die Sonne Tag für Tag herrab schickt sind sonst völlig verschwendet. Diese Zwischenfrüchte bringen dann Energie ins System und können Nährstoffe aus der Luft binden.
Untersaaten: ein Klee im Weizen kann zum Beispiel immer noch jede Menge Sonne im Bestand abkriegen, und mobilisiert gleichzeitig Stickstoff aus der Luft, durch den der Weizen in seiner Ertragsanlage unterstützt werden kann. Eine erfolgreiche Untersaat im Mais und die Straßen bleiben sauberer.

Vom Klimawandel fang ich gar nicht erst an, die Emissionen (Traktor und Boden) die wir hier einsparen können, sind eigentlich Grund genug für Direktsaatsysteme.

*Ertragserwartung einer Photovoltaik
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Re: Ein paar Fragen an die realen Landwirte...

Post by matador »

Hallo Sabalero,

sehr ausführlich, was Du da bringst.

Wie gesagt/geschrieben, als Nicht-Landwirt kann ich da nicht mehr mitreden, muß das Feld den Fachleuten überlassen.
Und als stiller Beobachter abwarten, was sich in der Zukunft durchsetzt. Es ist ja öfter so, dass sich NICHT das optimale System durchsetzt, sondern aus den verschiedensten Gründen ein anderes.

Gruß, matador
"Früher war die Zukunft auch besser" (Karl Valentin).
Vielleicht sollten wir das Rad etwas zurückdrehen,
zumindest nicht weiter nach vorne. :hmm:
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Re: Ein paar Fragen an die realen Landwirte...

Post by Ethiofarmer »

Hallo zusammen,
also beim Thema Pflügen gehen die Meinungen auseinander. Ich habe weder Landwirtschaft studiert, noch bin ich Wissenschaftler. Aber ich denke, es kommt darauf an, wie man pflügt. Wenn ich also den Pflug nutze, um Mist in den Boden einzupflügen, dann sehe ich da kein Problem, mit der Schaufel hat man das früher auch gemacht. Die Tiefe wird wohl eher das entscheidende sein. Ich habe gehört, dass in den USA manchmal Pflüge eingesetzt werden, die bis zu 90cm und tiefer pflügen. Das verlangt entsprechend große Traktoren.
In Deutschland erklärte mir ein Bauer, er pflügt in der Regel nur alle 3 bis 4 Jahre einmal, damit der Boden wieder mal richtig locker wird.
Wenn man an die Würmer denkt, dann müsste man auch das Fräsen und Grubbern abschaffen, da gehen wohl viel mehr Würmer, usw kaputt.

LG
Thomas
Nicht weil die Dinge schwierig sind, wagen wir sie nicht, sondern weil wir sie nicht wagen, sind sie schwierig
Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie gerne behalten :rolleyesnew: , oder mir mitteilen, damit ich sie korrigiere!
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Re: Ein paar Fragen an die realen Landwirte...

Post by Wingcommander »

tober wrote: Fri Mar 08, 2019 8:57 am
elmike wrote: Thu Mar 07, 2019 11:05 pm
Der Blinkerhebel ist rechts vom Lenkrad. Gut, Links ist der Shuttle-Hebel, aber noch genug Platz... Warum ist der rechts?
Elmike
Leider kann ich Dir es nicht beantworten welcher tatsächliche Grund ausschlaggebend war. MF macht das aber auch so. In den (MF) Foren sind die Besitzer aber sehr zufrieden damit weil links in kombination mit Wendeschaltung der Blinkerhebel anscheinend nicht so "gut" erreichbar wie rechts.
Links war meistens noch der Notsitz....der ist nicht gefedert, hat wenig Platz, wenn da jemand saß, konnte man glücklich sein wenn der an nem größeren Schlagloch nur unfreiwillig geblinkt hat und nicht gleich den ganzen blinkerhebel mit dem Knie abbrach....und aus mitfahrersicht....so viele attraktive treckerbabes von denen man sich vor jeder Kurve/Abzweigung am Knie streicheln lässt, gibt es nicht...
elmike
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Re: Ein paar Fragen an die realen Landwirte...

Post by elmike »

Hallo,

jetzt muss ich diesen Thread noch mal aus der Versenkung holen, weil wir eben eine angeregte Diskussion hatten:
Wie ist denn das mit der Bremse am Traktor?
In einem PKW muss das Bremssystem ja immer mehr Leistung haben (das heisst: in Wärme umwandeln können) wie der Motor. Sprich: Wenn ich im ersten Gang bei Nenndrehzahl die Bremse durchtrete, muss ich den Motor abwürgen können. (Zumindest habe ich das so verstanden)
Wie ist das bei einem Traktor mit Kriechgängen. Hier liegt ja (zumindest theoretisch) eine gigantische Zugkraft an... Muss die die Betriebsbremse auch "vernichten" können?

Elmike
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DocDesastro
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Re: Ein paar Fragen an die realen Landwirte...

Post by DocDesastro »

Ich antworte mal als Naturwissenschaftler:

Energie kann nicht erzeugt oder vernichtet werden - nur umgewandelt. Kraft ist was anderes als Energie. Der Motor stellt Energie zur Verfügung, den größten Teil als Abwärme an die Umwelt. Diese Energie kommt aus der chemischen Energie des Diesels und wird bei der Reaktion mit Luftsauerstoff freigesetzt. Der Wirkungsgrad des Motors bestimmt, wie viel für mich relevante Energie, also mechanische Energie ich erhalte und ist als konstant zu betrachten. Energie pro Sekunde ist meine Leistung, mit der ich arbeite, d.h. drück ich aufs Gas, dann wird viel mechanische Energie erzeugt, die ich vielfältig nutzen kann, um Arbeit zu verrichten. Arbeit ist Kraft mal Weg. Damit könnte der Traktor z.B. sich schnell auf einer Straße bewegen, also seine Gewichtskraft mal den zurückgelegten Weg (kleine Kraft mal großer Weg). Zieht der nen Hänger, kann ich mit der gleichen Menge mechanischer Energie nur einen kleineren Weg pro Sekunde zurücklege, ergo mein Traktor ist unter Last langsamer (mehr Kraft, aber zulasten von Wegleistung). Ob der Traktor nun einen Hänger zieht, oder einen Pflug ist im Prinzip irrelevant, er wird auf jeden Fall langsamer, es sei denn, ich gebe mehr Gas.

Kriechgang hat was mit der Getriebeübersetzung zu tun. Ich glaube, hier ein kleines Zahnrad auf ein vergleichsweise extrem großes. Das kleine Ritzel dreht sich sehr oft, aber dafür das große nur langsam. Hier wird aber mechanische Energie übertragen. Wenn also sich ein kleines Rad schnell dreht bei gleicher mechanischer Energie, ist seine Kraft relativ klein (versuch mal, im 5. Gang anzufahren). Dadurch, dass das große Zahnrad nur langsam dreht, bewirke ich damit als Ausgleich eine höhere Kraft, sonst hätte ich Energie vernichtet.

Jetzt der springende Punkt: Die mechanische Energie, die der Motor 'produziert', hängt von seinen Kenndaten ab, also Wirkungsgrad, Einspritzung oder einfach, wie viel Dieseldurchsatz pro Sekunde (chem. Energie --> mech. Energie) und wieviel Prozent davon sind nutzbar. Ein Bremssystem ist immer so ausgelegt, dass es die Bewegungseffekte - also die kinetische Energie des Fahrzeuges (nicht direkt den Motor) kontern kann. Ob das jetzt mit mehrkreisigen Bremssystemen, Hilfsbremssystemen oder Dauerbremsen geschieht, ist Fahrzeugtyp-abhängig. Also würde eine Betriebsbremse eines PKW wahrscheinlich am Traktor recht schnell verschleißen oder blockieren, hat dieser ein Bremssystem, das auf die höheren Anforderungen klarkommt. Betriebsbremsen (Backen- odr Trommelbremsen) müssen teilweise kurzzeitig 200 Megajoule auffangen können, laufen aber dann heiß und blockieren evtl. (Vollbremsung!).

In deinem Falle würde ich aus dem Bauch heraus behaupten, das täte der Betriebsbremse nicht gut, aber würde sie beim Traktor bei einer Vollbremsung bei Höchstgeschwindigkeit in Leerfahrt funktionieren?
Ist es generell eine weise Entscheidung, Bremse und Gas gleichzeitig zu betätigen? Beim Bremsen geht immer der Fuss vom Gas und dann sollte die Bremse auch wirksam sein, egal ob Kriechgang oder nicht, sogar recht schnell, denn die Bremse wandelt die kinetische Energie des Fahrzeugs (1/2 mal Masse mal Quadrat der Geschwindigkeit) in Wärme um. Ein Fahrzeug im Kriechgang ist sehr langsam, also hat es sehr wenig kinetische Energie. Fuss vom Gas, Bremsen, Fahrzeug steht quasi sofort. Motor liefert keine Energie mehr und die kinetische Energie ist klein.

Macht man jedoch beides, also Gas geben plus Bremsen, um zu sehen, ob die Bremse auch den laufenden Motor aushält bei enorm viel Kraft...naja, den Mechaniker freut es wahrscheinlich. Ich vermute mal, da kommt ein 'Quiieeeeeeeeeeeeeeetsch (Rad dreht weiter, trotz Bremse - Motor pumpt ja fleissig Energie, die umgewandelt werden will, nach)....RUCK (hier blockiert die durch Reibung überhitzte Bremse)...KNACK (hier geht dann was kaputt)'.

Meine 50 Cent. Vielleicht kann mal ein Mechatroniker oder Ingenieur sich melden, falls verfügbar. Bin eher Theoretiker.
"Cetero censeo, vino in ludum non habere esse repudiandum." (Doc, der Ältere, neuzeitlich)

Missionar der Kirche der "wahren" Landwirtschaft :biggrin2:
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Re: Ein paar Fragen an die realen Landwirte...

Post by Wingcommander »

elmike wrote: Sprich: Wenn ich im ersten Gang bei Nenndrehzahl die Bremse durchtrete, muss ich den Motor abwürgen können. (Zumindest habe ich das so verstanden)

Elmike
Dann hast du das falsch verstanden. Bei Kraftfahrzeugen muss die Bremse eine Dimension haben, die eine mittlere Vollverzögerung von 5m/s-2 haben, weiterhin müssen die Bremsen vorne und hinten unabhängig von einander funktionieren, und es gibt bestimmte Anforderungen wieviel Prozent der bremsleistung noch erreicht werden müssen wenn eine Bremse ausfällt, davon dass die Bremse den Motor abwürgen muss, steht nirgends was, das ist nur logische Konsequenz bei Pkw aus dem vorhandenen Drehmoment und der Bremskraft.....bei genügend Drehmoment kannste trotzdem gegen die Vollbremsung fahren...
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