Umfrage zu Landwirtschaft in Entwicklungsländern

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Welcher Bereich der Landwirtschaft sollte in Entwicklungsländern besonders gefördert werden?

Poll ended at Fri Apr 12, 2019 10:15 am

Forstwirtschaft
13
72%
Obst-/Gemüsebau
4
22%
Viehzucht
0
No votes
anderer Bereich
1
6%
 
Total votes: 18

Ethiofarmer
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Umfrage zu Landwirtschaft in Entwicklungsländern

Post by Ethiofarmer »

Hallo zusammen,

heute möchte ich zum Thema "Landwirtschaft Äthiopien" eine allgemeine Umfrage starten. Was denkt Ihr, worauf man sich bei Landwirtschaftsprojekten in 3.Welt-Ländern konzentrieren sollte. Die Landwirtschaft ist vielfältig. Jeder Bereich hat Vor- und Nachteile.

Während Forstwirtschaft erst langfristig das Einkommen der Bauern sichert, bringt die Forstwirtschaft aber schon nach ein bis zwei Jahren zusätzliche Regenmengen.
Während Obst- und Gemüsebau kurzfristig Gewinn bringt und bei entsprechender Menge die Lebensmittelpreise senkt, bringt sie langfristig kaum ausbaufähigen Lohn pro Kopf.
Viehzucht bringt sofort viel Geld für die Bauern. Nachteil: Es braucht viel Grasfläche, bzw Wald, der gerodet werden muss.

Was denkt Ihr, welcher Bereich wäre für die Entwicklung eines Landes der Bessere?
Falls jemand "anderer Bereich" wählt, schreibt bitte in eine Antwort, was Ihr Euch vorstellt.

LG Ethiofarmer
Thomas
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Darthbot
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Re: Umfrage zu Landwirtschaft in Entwicklungsländern

Post by Darthbot »

Definitiv Forstwirtschaft. Wenn die Idioten den Regenwald immer weiter roden um Platz für Palmöl Plantagen und Ackerflächen zu bekommen, muss anderswo Wald angepflanzt werden um noch Luft zum atmen zu haben.
Und wenn es mehr Regen gibt, ist allen geholfen. Denn mehr Regen heisst mehr Wasser in den Brunnen und im Grundwasserspiegel. Dadurch können Obst/Gemüsebauern und Viehbauern ebenso profitieren.

Aber alles nutzt nichts, wenn die heimischen Bauern ihre Ware selten loswerden, weil die Importware der großen westlichen Industrieländer dort für nen Appel und en Ei hingeworfen werden. Denn wie sollen diese Bauern Geld verdienen wenn sie ihre Ware billiger anbieten müssen als die Massenware aus der EU/USA, und somit kaum was für ihre Produkte bekommen.
„And all I ask is a tall ship and a star to steer her by”
Inmitten des ewigen Kreislaufs der Zeit, wird aus lauem Wind ein Sturm entstehen.
Vom Abgrund starren Dämonenaugen weit, die die Razgriz, die schwarzen Flügel sehen.

Bei Grapthars Hammer, Bei den Söhnen Warvans. Schwöre ich dir, du wirst gerächt werden.
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sabalero
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Re: Umfrage zu Landwirtschaft in Entwicklungsländern

Post by sabalero »

Antwort: Um der Landwirtschaft in Afrika zuhelfen würde ich in Solarkraftwerke investieren.
An zweiter Stelle in die von mir beschriebene Tierzucht.

Vorab bin ich überzeugt, dass eine andere Agrarhandelspolitik gegenüber Afrika (zB. einseitige Handelsabkommen für Afrika) mehr helfen, als direkte Subventionen (die natürlich dazu kommen müssen.)

Investitionen in Forstwirtschaft... Naja, steht es um diesen Bereich nicht so schlecht, dass man erstmal zusehen sollte, dass wieder genügend Bäume da sind, bevor man über eine Forstwirtschaft nachdenkt? In das Pfanzen von Bäumen investieren ja, aber über Forstwirtschaft kann man doch erst in Jahrzehnten nachdenken (wenn es dann nicht zu spät ist...)

Zu den Solarkraftwerken
Harald Lesch erklärt, wie Schäfer in Afrika die riesigen Solarkraftwerke nutzen können: Die Anlagen müssen regelmäßig mit Wasser gereinigt werden, das Wasser kommt dann auf den Boden und durch die Feuchtigkeit kann sich wiederum Grasland bilden.
Wenn sich dann unter den Solarwerken organische Substanz gebildet hat, kann man auch diese Flächen wiederum zumindest teilweise anders nutzen.
Der riesige Vorteil von Solarkraft aus Afrika ist, dass die gewaltigen Anlagen nicht durch den Seltene-Erden-Fresser Photovoltaik Strom erzeugen, sondern durch Wärme, dann die ganze Fläche kann einfach mit Spiegeln ausgestellt werden, die alle Energie auf einen Punkt in der Mitte bündelt.

Die Energie kann dann
a) aus Nordafrika nach Europa exportiert werden
b) Wasser entsalzen, das wiederum anderweitig eingesetzt werden kann (Urban Farming? Aquaponik?)

Auch die Zucht von Algen braucht viel mehr Energie und Wärme als Wasser, die ist in Afrika ja vorhanden.
Algenfarm

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Ein paar interessante Ideen (für die es im Grunde aber keine Subventionierung braucht)

Allan Savory erklärt, warum man nachhaltige Tierhaltung gegen die Verwüstung braucht. Tierhaltung sollte (gerade in Afrika) auf Grasland statt finden, der Großteil der Ackerfläche sollte für eben Gemüse und Backgetreide genutzt werden. Durch den Aufbau von Humus mit Tieren, kann ich dabei diese Länder später auch wieder als Acker nutzen.
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Agroforstsysteme könnten dann langfristig für Afrika sicherlich auch sehr interessant werden (vllt nach einigen Jahren heuristischen Weidemanagements nach Savory)
Und schon hat man alles verbunden :)
(WICHTIG: Neu angelegt, nicht Wald abholzen und n paar Reihen stehen lassen)
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Lustenberger
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Re: Umfrage zu Landwirtschaft in Entwicklungsländern

Post by Lustenberger »

Das Potential in den Entwicklungsländern ist gewaltig. Ich sehe das immer, wenn ich exotische Währungen im Forexhandel kaufe und verkaufe. Denn diese schwanken sehr stark, je nachdem ob wieder eine politische Krise dort in Gang ist oder ob Naturkatastrophen das halbe Land lahm legen. Ich glaube, wenn wir all diesen Ländern umfassend die Methoden für Forstwirtschaft, Agrarwirtschaft, vernünftige Viehzucht beibringen, könnten sich diese Länder stabilisieren und große Fortschritte erzielen. Besonders wirtschaftliche Fortschritte wären wichtig, damit die hohe Arbeitslosigkeit und Kriminalität dort sinkt.
Wenn man Forexhandel vernünftig angehen will, sollte man sich auf nextmarkets.com/de/handel schlau machen.
Ethiofarmer
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Umfrage zu Landwirtschaft in Entwicklungsländern

Post by Ethiofarmer »

Vielen Dank für die Diskussion!

Von den Fischtanks habe ich bereits gehört. Stichwort "Tomatenfisch". Das werde ich mittelfristig wohl auch in Äthiopien aufzubauen versuchen.
Harald Lesch's Idee funktioniert leider nur in der Theorie. Es liegen bereits Studien vor, die zeigen, dass diese Idee von der Solarenergie in Afrika an vielen Punkten scheitern. Da ist zum einen der direkte Einfluss aufs Wetter. Wärmekonzentration an einem Ort verursacht eine höhere Gewitterneigung. Das ist zwar erfreulich im Hinblick auf die Regenmenge in jener Region, aber die mit dem Gewitter einhergehenden Starkregen fördern die Bodenerosion, was ja das Gegenteil von dem ist, was Harald Lesch als positiven Punkt anstrebt.
Viel gravierender jedoch ist die Landfrage. Die Bauern haben kein Geld, um in Solarenergie zu investieren. Man müsste also das Land den Bauern wegnehmen, denn die betroffenen Staaten werden bestimmt nicht das Land der Bauern pachten. Afrikanische Staaten neigen stark zum Enteignen. Dazu kommen die politischen Schwierigkeiten. Stammeskämpfe würden gerade diese teuren Solareinrichtungen als Anschlagsziele haben. Und bei dem hohen Verlust in der Leitung, um den Strom nach Europa zu exportieren, ist die Effektivität fraglich. Es sei denn, man würde das System aus Haßfurt nutzen "Power to Gas". In Haßfurt läuft nämlich ein Pilotprojekt, bei dem aus Strom Gas hergestellt wird (fragt mich nicht, wie). Gas kann in Pipelines verlustfrei transportiert und später am Zielort durch Verbrennen wieder in Strom zurückverwandelt werden.
Die Frage ist auch, wer die Solaranlagen wartet? Die lokalen Leute sind sehr nachlässig, ein verbreitetes Problem in Afrika (hat jetzt nichts mit Rassismus zu tun, sondern ist einfach Fakt). Will man also nachhaltig arbeiten, braucht es viel Fachpersonal aus Europa. Wer mir das nicht glaubt, der soll sich einfach die Frage stellen, warum gerade in fortschrittlichen Projekten der Entwicklungshilfe so viele Europäer arbeiten. Kaum werden Projekte an Einheimische übergeben, brechen Projekte zusammen.
Bäume wachsen alleine. Lediglich anfangs muss man in den Trockenzeiten bewässern. Das ist aber ohne technologischen Fortschritt möglich und somit auch von Einheimischen machbar.
Beim Gemüsebau haben wir ein ähnliches Problem. Hier in Äthiopien gibt es seit etwa 70 Jahren Äpfel. Bis heute verstehen die äthiopischen Bauern trotz wiederholtem Unterricht nicht, warum und wie Apfelbäume geschnitten werden müssen, damit sie mehr Frucht bringen. Und Viehzucht verlangt nach Tierärzten, welche eine Rarität sind.
Beim Pflanzen von Wald entsteht mehr "Landregen", also gleichmäßiger andauernder Regen. Damit gibt es weniger Bodenerosion. Wenn die Regenzeiten sich verlängern, werden die Bauern (so wie es früher einmal war), eine zweite Arbeitsphase auf dem Feld haben. Im Falle von Äthiopien war es früher so, dass man Ende Januar aussähen konnte, während im Mai die Ernte war. Dann in der großen Regenzeit von Mitte Juni bis Mitte September wurden dann Getreide oder Gemüse mit langer Wachstumsdauer angepflanzt. Heute ist die Regenzeit von Januar bis Mai auf März/April zusammengeschrumpft. Also sind die Bauern nur noch ich der großen Regenzeit aktiv.

Deshalb tendiere ich persönlich auch zur Aufforstung und der folgenden Forstwirtschaft. Durch den vermehrten Regen entstehen Weideflächen gleichermaßen wie Ackerflächen für Obst-/Gemüsebau.

LG Ethiofarmer
Thomas
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sabalero
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Re: Umfrage zu Landwirtschaft in Entwicklungsländern

Post by sabalero »

Ethiofarmer wrote: Wed Mar 13, 2019 11:04 pm Vielen Dank für die Diskussion!

Von den Fischtanks habe ich bereits gehört. Stichwort "Tomatenfisch". Das werde ich mittelfristig wohl auch in Äthiopien aufzubauen versuchen.
:hi:
  • Harald Lesch's Idee funktioniert leider nur in der Theorie. Es liegen bereits Studien vor, die zeigen, dass diese Idee von der Solarenergie in Afrika an vielen Punkten scheitern. Da ist zum einen der direkte Einfluss aufs Wetter. Wärmekonzentration an einem Ort verursacht eine höhere Gewitterneigung. Das ist zwar erfreulich im Hinblick auf die Regenmenge in jener Region, aber die mit dem Gewitter einhergehenden Starkregen fördern die Bodenerosion, was ja das Gegenteil von dem ist, was Harald Lesch als positiven Punkt anstrebt.
    Viel gravierender jedoch ist die Landfrage. Die Bauern haben kein Geld, um in Solarenergie zu investieren. Man müsste also das Land den Bauern wegnehmen, denn die betroffenen Staaten werden bestimmt nicht das Land der Bauern pachten. Afrikanische Staaten neigen stark zum Enteignen. Dazu kommen die politischen Schwierigkeiten. Stammeskämpfe würden gerade diese teuren Solareinrichtungen als Anschlagsziele haben. Und bei dem hohen Verlust in der Leitung, um den Strom nach Europa zu exportieren, ist die Effektivität fraglich. Es sei denn, man würde das System aus Haßfurt nutzen "Power to Gas". In Haßfurt läuft nämlich ein Pilotprojekt, bei dem aus Strom Gas hergestellt wird (fragt mich nicht, wie). Gas kann in Pipelines verlustfrei transportiert und später am Zielort durch Verbrennen wieder in Strom zurückverwandelt werden.
Da bist du halt der Experte; ich nur mal die interessanten Ideen wiedergegeben, die ich so im Laufe der Zeit aufgegriffen / übertragen habe.
  • Die Frage ist auch, wer die Solaranlagen wartet? Die lokalen Leute sind sehr nachlässig, ein verbreitetes Problem in Afrika (hat jetzt nichts mit Rassismus zu tun, sondern ist einfach Fakt). Will man also nachhaltig arbeiten, braucht es viel Fachpersonal aus Europa. Wer mir das nicht glaubt, der soll sich einfach die Frage stellen, warum gerade in fortschrittlichen Projekten der Entwicklungshilfe so viele Europäer arbeiten. Kaum werden Projekte an Einheimische übergeben, brechen Projekte zusammen.
Das ist leider nichts anderes, wenn man in Europa mit Sinti und Roma zusammenarbeitet... Alle schreien Rassismus, bis sie mal was mit denen zutun haben.
  • [...] Deshalb tendiere ich persönlich auch zur Aufforstung und der folgenden Forstwirtschaft. Durch den vermehrten Regen entstehen Weideflächen gleichermaßen wie Ackerflächen für Obst-/Gemüsebau.
Was hällst du in diesem Zusammenhang von Agroforst?
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Ethiofarmer
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Umfrage zu Landwirtschaft in Entwicklungsländern

Post by Ethiofarmer »

Mit Agroforst habe ich mich noch nicht so viel beschäftigt. Werde ich aber in den nächsten Tagen mal machen. Muss mir da erst einen Überblick verschaffen. Übrigens: "Experte" ist bei mir übertrieben. Das sind einfach meine Erfahrungen, da ich seit 11 Jahren in Äthiopien lebe und vor allem mit den Einheimischen arbeite.
Ich kenne übrigens Leute, die mit Sinti und Roma zusammen arbeiten. Man kann durchaus Erfolg haben, aber es braucht viel, viel, viel, viel Geduld...

LG Ethiofarmer
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DocDesastro
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Re: Umfrage zu Landwirtschaft in Entwicklungsländern

Post by DocDesastro »

Also das mit dem Aufforsten ist meiner Meinung nach ein Muss. Selektive Forstwirtschaft wäre dann das Fernziel. Was auf jeden Fall aufhören muss, ist unsere Art von 'Entwicklungshilfe'. Ich kann nicht mit der einen Hand wem Geld geben, um Hühnerställe zu bauen, aber gleichzeitig Fleischreste quasi 'verschenken', nur weil bei uns nur Brust, Schenkel und Flügel auf dem Markt landen. Da muss es auch hier heißen: Umdenken! Kauft nen ganzen Gockel und verwertet den. Meinetwegen macht Katzenfutter aus dem Rest. Aber nach Afrika verramschen und damit den Bauern dort ihre Lebensgrundlage wegnehmen und unsere Hilfegelder im gleichen Atemzug entwerten? Das gleiche für Kleiderspenden. Tansania oder Kenia waren damals die Kleiderkästen Afrikas. Die Leute haben ihr Zeug selber genäht und gekauft. Jetzt wird 2nd-Hand-Ware von uns M'Zungus dort für teuer verkauft? Davon profitieren doch nur die, die beim Roten Kreuz und Co. die Waren ankaufen bzw. geschenkt bekommen. Habt Ihr mal gesehen, dass ein Händler Waren geschenkt bekommt? Oder dass Handwerker von was leben können, wenn sie die Ware auch für Lau haben können? Schenkt den Leuten Bildung, gebt denen günstige Kredite für kleine Dinge wie Nähmaschinen, Werkzeug usw. und gebt denen die Chance, Ihr Land aufzubauen. Lasst Ihnen die Rohstoffe, um selber damit zu handeln. Oder zahlt wenigstens nicht mit Glasperlen für Coltan - die bezahlen das mit Blut.
Macht sie nicht abhängig von Monsanto und Co. - Wer dort will sich denn das teure Round-up Gesch... für die Designer-Gewächse leisten? Zeigt denen, wie man sich gut selber versorgen kann und kauft deren Warenüberschuß zu einem fairen Preis an. So wie es jetzt läuft, machen wir (ungewollt?) nur einige wenige reich, der Rest bleibt arm, ungebildet und chancenlos - bis sie evtl. auf die Idee kommen, mal in Europa anzuklopfen und den Schlepper ihres Vertrauens kontaktieren.
"Cetero censeo, vino in ludum non habere esse repudiandum." (Doc, der Ältere, neuzeitlich)

Missionar der Kirche der "wahren" Landwirtschaft :biggrin2:
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Umfrage zu Landwirtschaft in Entwicklungsländern

Post by Ethiofarmer »

Du bringst es auf den Punkt. Unsere "Entwicklungshilfe" ist völlig daneben. Damit der Otto-Normal-Bürger nichts davon mitbekommt, bietet man scheinbar gute Sachen an. Kleiderspenden, etc geben einem das Gefühl, Gutes getan zu haben, obwohl man damit das Gegenteil bewirkt, nämlich 3.Welt-Länder weiter in der Abhängigkeit zu halten. Moderne Kolonialisierung.
Deshalb bin ich selbst nach Äthiopien, um dort selber Hand anzulegen. Und wenn es nur 20 Leute sind, die aus der Abhängigkeit herausfinden, dann freue ich mich. Ob ich mit meiner kleinen NGO großflächig eine Veränderung bringen kann, ist bis jetzt noch nicht abzusehen.
Textilien kann man nur noch sehr schwer nach Äthiopien einführen. Der Staat hat da den Riegel vorgeschoben, weil Äthiopien eine große Textilindustrie hat. Ein krasses Beispiel aus Äthiopien ist Milch:
Es werden täglich zig Tonnen Milchpulver aus Neuseeland, Ägypten, usw importiert, während die Viehzüchter hier ihre Milch nicht mehr "an den Mann bringen".
Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass sich das Blatt wendet.

LG Thomas
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sabalero
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Re: Umfrage zu Landwirtschaft in Entwicklungsländern

Post by sabalero »

Die falsche Entwicklungshilfe ist ja quasi teil der ****ss Handelspolitik.
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Umfrage zu Landwirtschaft in Entwicklungsländern

Post by Ethiofarmer »

Auch da hast Du recht. Bauern arbeiten hier in Äthiopien immer noch auf dem Niveau des 11.Jahrhunderts mit Ochsenpflug. Selbst die 3-Felder-Wirtschaft gibt es (noch) nicht. Jedes Jahr wenn die Regenzeit beginnt, säen die Bauern ihr Teff (eine Art Zwerghirse). Punkt, aus, fertig. Wieviel Milliarden Euro müssen hierher fließen, bis es mal wenigstens den Pferdepflug gibt oder die Bauern etwas von der 3-Felder-Wirtschaft hören?
Dass es Unternehmen wie "FAIRTRADE" gibt, zeigt ja, wie schlimm es um unsere Entwicklungshilfe steht. Das man für einen fairen Handel ein eigenes Unternehmen gründen muss!?
Ziel erreicht wäre, wenn solche Unternehmen nicht mehr gebraucht würden, sondern die Menschen sich einfach FAIR begegnen würden. Aber packen wir es an! Ich freue mich über die Entwicklung in meiner NGO in Äthiopien. Ein erster Schritt!
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elmike
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Re: Umfrage zu Landwirtschaft in Entwicklungsländern

Post by elmike »

Hallo,

mich irritiert jedes Mal wieder, wie rückständig Deiner Beschreibung nach die Landwirtschaft dort ist. Liegt das evtl. an der fehlenden Bildung? Ich meine, dass ich schon in der Schule diese Grundlagen der Landwirtschaft wie Dreifelderwirtschaft etc. gelernt habe. Andererseits: Die "Professionalisierung" der Landwirtschaft wurde eben auch durch die steigende Arbeitsteilung notwendig, da der Landwirt dann eben nicht nur seine Familie und die Bediensteten ernähren musste, sondern im Tausch für seine Lebensmittel eben Dienstleistungen und andere Waren erhalten konnte. Evtl. ist also gar keine Motivation da, das alles intensiver zu betreiben, wenn es so auch reicht. Deine Beschreibung der Mentalität lässt mich in die Richtung vermuten. (1)

Und Fairtrade muss ja nichts mit elden Motiven zu tun haben... es lässt sich einfach Geld damit verdienen, sonst würden nicht mittlerweile so viele Produkte unter diesem Ladel laufen. Und Fairtrade machts, wie auch die Kleiderspende, einfach "Gutes zu tun" ohne wirklich etwas an seiner Lebensweise zu ändern.

(1) Das erinnert mich an folgenden Witz:
Ein Fischer sitzt entspannt auf seinem Pier und angelt.
Es kommt ein Anzugträger und fragt: "Was machen Sie da?"
"Ich angle."
- "Und was machen Sie mit Ihrem Fang?"
"Den esse ich."
- "Sie brauchen ein Boot!"
"Warum?"
- "Dann könnten Sie weiter raus fahren und mehr fangen!"
"Und was soll ich mit mehr Fisch als ich essen kann?"
- "Verkaufen!"
"Wozu verkaufen?"
- "Damit Sie sich ein größeres Boot leisten können, um noch mehr zu fangen!"
"Und dann?"
- "Dann könnten Sie irgendwann vielleicht sogar Leute einstellen, die für Sie rausfahren und fischen, während Sie sich hier entspannen."
... oder ähnlich...

elmike
Ethiofarmer
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Umfrage zu Landwirtschaft in Entwicklungsländern

Post by Ethiofarmer »

Diese Woche jährt es sich zum 11.Mal, dass ich in Äthiopien wohne. Obwohl ich die Sprache, die Kultur, ja, die Gepflogenheit der Äthiopier sehr gut kenne, ist mir deren Denkweise bis heute ein Mysterium.
Ein großes Problem ist die Einstellung "Wir haben das schon immer so gemacht". Neues zu lernen, steht nicht auf dem Plan.
Zweites Problem: Die Bauern wollen Traktoren. Es geht ihnen nicht um effektiveres Arbeiten, sondern um bequemeres Arbeiten. Wenn ich Deinen Witz als Grundlage nehme, könnte ich sagen, der Bauer würde sich ein größeres Boot und einen Kühlschrank leisten, damit er nicht mehr täglich fischen müsste, sondern nur noch einmal in der Woche. Obwohl der Pferdepflug eine große Agrarrevolution darstellen würde, sind die Bauern nicht sehr überzeugt von der Idee. Schließlich wird die Arbeit nur wenig gemindert. Dass dafür aber die Ernte bedeutend mehr wird, ist weniger von Interesse. Von daher ist FAIRTRADE und dergleichen wirklich ein falscher Ansatz. Die Bauern bekommen zwar mehr Geld, aber sonst auch nichts. Das Hauptgeschäft macht FAIRTRADE selbst.

In Europa wurde der Traktor erfunden, weil es zuviel Arbeit gab. Während hier ein Bauer mit einem Hektar Land gut leben kann, braucht man in Deutschland viele viele Hektar Land, um sich über Wasser halten zu können. Das schafft man "von Hand" nicht mehr. In Äthiopien wollen die Leute Traktoren, um noch weniger arbeiten zu müssen.

Schauen wir mal, was wir hier ausrichten können. Optimistisch bin ich jedenfalls!

Gruß Ethiofarmer
Thomas
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Re: Umfrage zu Landwirtschaft in Entwicklungsländern

Post by Ethiofarmer »

@sabalero
Ich habe mich intensiv mit den Ansichten von Allan Savory auseinandergesetzt. Das Grundprinzip finde ich sehr überzeugend. Tiere fressen das Grasland und verhindern so, dass wucherndes Gras während der Trockenzeit nicht austrocknet und dann in der folgenden Regenzeit das neukeimende Gras erstickt. Während gefressen wird, wird das Land gleich noch gedüngt (Urin und Mist). Wenn man also Leute hat, die sich fürsorglich um Tiere kümmern - was es ja sogar in Deutschland nicht allzu oft gibt - , dann funktioniert das gut. Klingt plausibel.
Da ich mich auf das Abenteuer mit Viehzucht noch nicht einlassen will, habe ich aus den Videos für mich etwas anderes gelernt: Mulchen. Das Mulchen erspart nicht nur mir arbeit beim Gießen und Unkrautjäten, sondern schützt den Boden vor dem Austrocknen und damit schützt es wiederum die Bodenfauna.
Danke also für den Tipp - hat mir sehr gut gefallen!

LG
Ethiofarmer
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Re: Umfrage zu Landwirtschaft in Entwicklungsländern

Post by Ethiofarmer »

Hallo zusammen,
also ich habe mich jetzt mal intensiv mit dem Agroforst beschäftigt. Mit einem Freund mache ich jetzt mal eine Hochrechnung, wie viel wir mindestens investieren müssen, um richtig einzusteigen und dann auch kostendeckend zu arbeiten. Agroforst wird mit großer Wahrscheinlichkeit ein Erfolg in Afrika sein.
Jetzt gilt es noch herauszufinden, welche Baumarten geeignet sind (sicher kein Eukalyptus). Dazu werde ich mal beim staatlichen Forstamt vorbeischauen.

Vielen Dank mal für alle Tipps und Ideen bis hierher.

LG
Euer Ethiofarmer
Thomas
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